Jede Beere, die ich vom Strauch nehme. Jedes Brot, dass ich aus unserem eigenen Getreide backe. Jeder Liter Milch, den unsere Kühe geben, die ausschließlich das Heu von den eigenen Flächen fressen. Der Salat und der Brokkoli aus dem Garten. Macht denn die ganze Mühe einen Unterschied? Lohnt sich der immense Aufwand, Nahrung selbst herzustellen?

Betriebswirtschaftlich gibt es hier eine klare Antwort: Nein. Würden wir die Betriebswirtschaft fragen, ist ja Leben an sich ein Verlustgeschäft, maximal ein Nullsummenspiel. Wir werden geboren mit nix und wir sterben mit nix. Dazwischen leisten wir aber unglaublich viele Arbeitsstunden. Aber das war ja nicht die Frage. Es geht darum, den Boden auf dem wir leben und auf dem wir in Zukunft noch leben wollen, biologisch intakt zu halten, sowie die Natur rund um unseren Hof. Es muss Platz sein für Nützlinge und auch (in unseren Augen) Schädlinge.

Was ist nun aber der Unterschied zum Leben der “normalen Menschen”? Auch wir am Hof benötigen Geld, Urlaub, Essen, Kleidung, Mobilität, Konnektivität. Eigentlich sind wir sehr an die Gesellschaft angepasst. Mit jedem Geldstück, dass wir dem unmenschlichen, naturzerstörenden Wirtschaftssystem entziehen, trocknen wir dieses System aus und substituieren unsere Bedürfnisse durch andere Arten der Beschaffung. Tausch mit befreundeten Höfen. Reduzierung von Konsum auf das wirklich notwendige, also Suffizienz. Und wer behauptet, dies würde die Lebensqualität reduzieren, hat wirklich keine Ahnung davon, was Lebensqualität ist.

Ich denke, im letzten Jahr habe ich gelernt, wie teuer ehrliches Essen wirklich ist. Ich habe gelernt, meiner Hofgemeinschaft immer Hilfe zu leisten, wenn dies erforderlich ist. Dass eine helfende Hand zur passenden Zeit einfach unbezahlbar ist. Dass der Mangold zwar von einer Hand gepflanzt wird, aber nicht von der gleichen Hand geerntet werden muss. Dass es bei 6 Erwachsenen am Hof eine unendlich große Menge an Talenten gibt. Und dass mein Ego tatsächlich in der Lage ist, kleiner zu werden. Und dass dies gut tut. Mir und allen hier am Hof.

Kategorien: Jürgens Blog

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